Ask the Coach“ ist die Kolumne in der Wolfgang Unsöld Eure Fragen beantwortet. Das gleichnamige Buch ist im Riva Verlag erschienen und direkt hier auf Amazon erhältlich.
Frage: Hi Wolfgang, ich habe letztes Jahr im November bei deinem YPSI Modul 4 Seminar zur Hautfaltenmessung teilgenommen und seit dem beschäftigt mich die Frage wie du die Schlüsse von der Dicke der Falten auf entsprechende hormonelle Schwankungen bzw. Dominanzen zurückführst. Heute habe ich in Berlin eine Kollegin getroffen die bei dir ebenfalls etliche Seminare besucht hat und sie meinte, dass du mal von wissenschaftlichen Belegen über Korrelationen zwischen Falten und Hormonen gesprochen hast. Hast du zu diesem Thema Papers oder Studien, die du mir nennen könntest, damit ich das Ganze noch besser verstehen kann? Es wäre traumhaft wenn du mir hier weiterhelfen könntest. Ich würde gerne mit der YPSI Software und deinen Supplement-Protokollen arbeiten, vorher will ich jedoch noch besser verstehen wie das eine mit dem anderen zusammenhängt. Viele Grüße, Timo K.
WU: Timo, wissenschaftliche Nachweise gibt es eine ganze Reihe, die bis in die 80er Jahre zurückdatieren. Alles was es an relevanten wissenschaftlichen Nachweisen gibt ist auf mehreren Seiten in der Quellenangabe am Ende meines ersten Buchs „Dein bestes Training“ gelistet.
Um die Vorgehensweise der Abstimmung von Ernährung und Supplementierung auf die Hautfaltenmessung grundsätzlich zu betrachten, starten wir beim Thema individueller Körperfettverteilung. Diese ist jedem bekannt. Nicht jeder speichert an einer Stelle gleich schnell Körperfett im Vergleich zu anderen Stellen und verliert an einer Stelle gleich schnell Körperfett im Vergleich zu anderen Stellen.
In Bezug auf der individuelle Körperfettverteilung gibt es zwei primäre Typen der Verteilung, zum einen die „Birne“, das sind Personen, die primär Körperfett an den Beinen speichern und dies dort schneller aufbauen und langsamer abbauen als am Oberkörper. Zum anderen den „Apfel“, das sind Personen, die primär Körperfett in der Körpermitte speichern und dies dort schneller aufbauen und langsamer abbauen als an den Armen und Beinen. Darüber hinaus gibt es viele Sub-Typen, z.B. Personen, die mehr Körperfett am hinteren Oberschenkel speichern als am vorderen Oberschenkel oder Personen, die mehr Körperfett am Rücken speichern. Der entscheidende Punkt hier ist, es gibt eine individuelle Körperfettverteilung.
Die nächste Frage ist „Warum ist die Körperfettverteilung individuell?“. Eine Antwort könnte sein: Die Körperfettverteilung ist willkürlich, also per Zufall. Grundsätzlich dazu, in der Biologie gibt sehr wenige und vielleicht sogar gar keine Zufälle. Prozesse, insbesondere auf biochemischer Ebene sind klar strukturiert. Aktion und Reaktion. Viele dieser Prozesse sind mittlerweile sehr gut erforscht. So kannte vor 150 Jahren niemand das Hormon Insulin und seinen Effekt auf den Blutzucker. Heute ist dieser bekannt und erforscht und wird insbesondere im medizinischen Bereich bei der Diabetes spezifisch eingesetzt. Auch war das Vitamin D vor 100 Jahren unbekannt, mittlerweile ist es das bekannteste Vitamin mit klar belegter Wirkung. Und vor 50 Jahren war noch nicht bekannt das „Bauchfett“ eine eigenständige Drüse ist, die ebenfalls das Stresshormon Cortisol produzieren kann.
Somit kann grundsätzlich angenommen werden das Körperfettverteilung nicht willkürlich ist, sondern ein biochemischer Prozeß dahinter liegt, der diese reguliert. Ebenfalls kann man annehmen, das dieser Prozeß noch nicht von der Wissenschaft in Tiefe und Breite erfasst wurde. Die erste mir bekannten Untersuchungen stammen aus den 80er Jahren, wo Körperfett im Bauch- und Hüftbereich mit Blutzuckermanagement und dem metabolen Syndrom korreliert wurde. Die Referenzen dazu befinden sich in den Quellenangaben meines ersten Buchs.
Somit sind zwei Punkte klar:
1. Körperfettverteilung ist individuell.
2. Körperfettverteilung basiert auf biochemischen Prozessen.
Punkt 2 wurde in Tiefe und Breite von der Wissenschaft sicher noch nicht ausreichend erfasst. Hier ist entscheidend das Wissenschaft wichtig ist, jedoch im Feld der Ernährung und auch des Trainings nie der Initiator von Innovation ist. Wissenschaft beweist etwas, das seit 10-20+ Jahren in der Praxis üblich ist. Beispiele dafür gibt es sehr viele. Gegenbeispiele sehr wenige.
Aus der Sicht der Praxis ist es somit entscheidend basierend auf den Falten, die bis dato im Detail wissenschaftlich betrachtet wurden, mögliche Rückschlüsse zu ziehen und diese Rückschlüsse in der Praxis dann zu beweisen. Zuerst in Einzelfällen und dann global.
Ein einfaches Beispiel ist, wir messen die Hüftfalte einer Person, der Messwert an Tag 1 beträgt 13,0mm. Die Hüftfalte korreliert basierend auf der YPSI Hautfaltenmessung mit dem Blutzuckermanangement – und nicht mit dem Hormon Insulin wie oft angenommen, da dies nur ein Aspekt Blutzuckermanagements ist. Im Folgemonat erhöhen wir nun den Kohlenhydratkonsum auf 500g pro Tag. Eine Menge, die sicherlich zu hoch ist für die Meisten. Basierend auf dem wissenschaftlichen Nachweis und der Annahme das die Hüftfalte mit dem Blutzuckermanagement korreliert und die Menge an Kohlenhydrat von 500g pro Tag sicherlich zu hoch ist um optimal verstoffwechselt werden zu können, können wir davon ausgehen, das die Hüftfalte unverhältnismässig hoch ansteigt. Bei der zweiten Messung können von einem Messwert von 30,0mm ausgehen. Im Umkehrschluss empfehlen wir den Kohlenhydratkonsum massiv zu reduzieren und nur zu einer Mahlzeit pro Woche Kohlenhydrate zu essen. Der wöchentliche Kohlenhydratkosum sinkt so von 3500g auf ca. 200-500g. Der zu erwartende Effekt ist das die Hüftfalte auf ca. 18,0mm innerhalb eines Monats fällt.
Der große Vorteil der Hautfaltenmessung ist jedoch hier, das auch sie individuell ist, wenn wir z.B. die Kohlenhydrate auf 500g pro Tag erhöhen und die Hüftfalte innerhalb eines Monats sich von 13,0mm auf 15,0mm steigert, ist dies ein Zeichen dafür, das diese Person zu diesem Zeit Kohlenhydrate sehr gut verstoffwechselt und damit es hier nur Sinn macht die Kohlenhydratkonsum nur leicht zu senken oder durch eine Steigerung des Trainingsvolumens in der kommenden Phasen den Kohlenhydratkonsum sogar beizubehalten.
Basierend auf der Definition des Begriff „Wịssenschaft“, ist dies auch eine „wissenschaftliche“ Vorgehensweise.
Wịs·sen·schaft, die Tätigkeit, bei der ein Sachverhalt mit objektiven und nachvollziehbaren Methoden systematisch beschrieben und untersucht wird.
Ich habe in den letzten 10 Jahren über 15.000 Hautfaltenmessungen durchgeführt, das sind im Schnitt über 32 Messungen pro Woche in 46 Wochen pro Jahr. Die wissenschaftliche Praxis, das ist die Analyse und Korrelation der Hautfalten basierend auf den bisherigen wissenschaftlichen Nachweisen sowie mit konstanten, reproduzierbaren Veränderungen basierend auf Modifikationen in Supplementierung, Ernährung und Training. Diese Praxis ist essentieller Teil meiner Arbeit. Und die Basis der YPSI Hautfaltenmessung.
Die YPSI Hautfaltenmessung als Tool zur Bestimmung von Ernährungs- und Supplement-Strategie gibt es weniger als 20 Jahre. Die Hautfaltenmessung ist noch sehr jung. Das erste Seminar, das ich dazu 2009 besucht habe und der Inhalt, der damals vermittelt wurde, im Vergleich zu dem was ich heute in Form der YPSI Hautfaltenmessung anwende, ist sehr weit voneinander entfernt und weiterentwickelt.
Eine einfaches Beispiel aus der Geschichte, das ich gerne verwende, ist das erste Auto, das 1886 von Carl Benz patentiert wurde. Dieses erste Auto hatte drei Räder. Schnell war jedoch klar, dass vier Räder in der Praxis mehr Sinn machen. Und Gottlieb Daimler baute das erste Auto vier Rädern. Dies ist einfache Innovation basierend auf Erfahrungen in der Praxis. So ist Innovation ein fortlaufender Prozeß, basiert meist auf Erfahrung in der Praxis und selbst heute 130 Jahre nach der Entwicklung des Auto findet sie noch konstant statt. Nicht zuletzt durch die Erfindung eines straßentauglichen Elektroautos.
Genau diesen Prozeß durchläuft auch die Hautfaltenmessung.
Abschliessend ist wichtig zu erwähnen, das die Hautfaltenmessung sicherlich nicht der neue „heilige Gral“ des Körperfettverlusts ist. Es gibt genügend Personen, die ohne Hautfaltenmessung Körperfett verloren haben. Wie es auch genug Personen gibt, die mit High-Carb und nicht Low-Carb, sowie mit Haferflocken statt Fleisch zum Frühstück Körperfett verloren haben. Entscheidend ist hier die Frage: „Wie einfach, schnell und effizient war dies?“. Und hier ist die Hautfaltenmessung entscheidend, da sie ein sehr gutes und objektives Buchhaltungstool ist.
Die Hautfaltenmessung ermöglicht eine noch präzisere Buchhaltung von Status und Fortschritt und damit die Möglichkeit Ernährung und Supplementierung noch erfolgsorientierter zu steuern. Für mehr Fortschritt basierend auf dem individuellen Feedback der Messung mit weniger Aufwand.
Insbesondere in einem Personaltraining Szenario, in dem Training und Ernährung selten der Mittelpunkt und die Priorität des Alltags sind, ermöglicht die Hautfaltenmessung als primäre Form der Buchhaltung effiziente und kontinuierliche Fortschritte bei Körperfettverlust, Muskelaufbau, Kraftaufbau und Steigerung des Energie-levels.
Viel Erfolg mit der Anwendung der YPSI Hautfaltenmessung in der Praxis!
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Hier zum Artikel „Die YPSI Hautfaltenmessung – Die beste Buchhaltung für Personaltrainer“
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Bild: Der Harpenden Skinfold Caliper, der für die YPSI Hautfaltenmessung verwendet wird.