Ask the Coach“ ist die Kolumne in der Wolfgang Unsöld Eure Fragen zu Training & Ernährung beantwortet. Das gleichnamige Buch ist im Riva Verlag erschienen und direkt hier auf Amazon erhältlich.
Frage: Hallo Herr Unsöld, ich lese seit geraumer Zeit ihren Blog. Jetzt habe mir ihr Kniebeugen Buch gekauft mit der Hoffnung dort mehr Details zu finden. Speziell interessiert mich der Kniebeugen Urlaub. Im Buch steht:
W1: LH KB 10×3
W2: LH KB 6×4-6
W3: LH KB 4×8-12
„Bei allen Workouts das Gewicht graduell auf einen schweren Satz steigern. Der Spread innerhalb eines Workouts sollte bei ca. 30% liegen. Diese drei Workouts werden 6 Tage ausgeführt.“
Nun weiss ich allerdings nicht welches Gewicht ich nehmen soll. Desweiteren ist mir nicht klar ob das Gewicht von Tag 1 zu Tag 2 erhöht werden soll.
Vielleicht könnten Sie mir eine Beispielsrechnung machen.
Meine 1 RM sind 150 kg. Ich würde mein Top Satz in W1 auf 130 kg anlegen. Also mache ich:
3 reps bei 105kg im ersten Satz. Steigere mich dann so dass der letzte Satz 3 reps mit 130kg im 10ten Satz sind. Nehme ich jetzt für W2 und W3 auch 130 kg als Top Satz? Und an am zweiten Tag würde ich immer noch 130 kg für W1 ansetzen? Wie viel % von meinem 1RM sollte der schwerste Satz im Workout sein? Wenn mein 1RM 150 kg ist. Sollte ich dann tatsächlich dass als schwersten Satz nehmen? In jedem der drei Workouts an jedem Tag? Ich glaube das kann nicht richtig sein. Wie sollte ich dann den ersten Satz am im ersten Workout von Tag eins wählen? Wird es am zweiten Tag dann gesteigert oder das gleiche genutzt? Diese Dinge sind mir leider durch das lesen des Buches nicht klar geworden. Ich hoffe Sie können mir hier weiterhelfen. Vielen Dank, Günter D.
WU: Das sind sehr gute Fragen. Ich kann Ihnen gerne basierend auf Ihren Zahlen ein Beispielsrechnung machen und auch die Gewichte für einen kompletten Trainingstag des Kniebeugen Urlaubs vorrechnen.
Gehen wir zuerst jede ihrer Fragen einzeln durch:
Meine 1RM ist 150 kg. Ich würde mein Top Satz in W1 auf 130 kg anlegen. Also mache ich: 3 reps bei 105kg im ersten Satz. Steigere mich dann so dass der letzte Satz 3 reps mit 130kg im 10ten Satz sind.
Der vorgegebene Spread sind ca. 30%, wenn der vermutete schwerste Satz des Trainings 130kg beträgt, ziehen wir davon 30% ab, dies sind dann91Kg. Als ersten Satz des Trainings würde ich somit gerundet 90kg verwenden. Ziel ist es dann das Gewicht von Satz zu Satz zu steigern, bis zu einem „schweren Satz“. Ein schwerer Satz a 3 Wiederholungen ist ein 3RM. RM steht für Repetition Maximum oder Wiederholungsmaximum, damit ist ein 3RM ein Gewicht mit dem maximal 3 Wiederholungen und keine 4te Wiederholung ausgeführt werden können.
Nehme ich jetzt für W2 und W3 auch 130 kg als Top Satz?
Der Top Satz wird immer durch die vorgegebene Wiederholungsanzahl bestimmt. Im zweiten Workout ist der schwerste Satz ca. 4 Wiederholungen, d.h. das Gewicht wird ca. 2% leichter sein als der schwerste Satz im ersten Training. Und im dritten Training ist der schwerste Satz ca. 8 Wiederholungen, d.h. das Gewicht wird ca. 8% leichter sein als der schwerste Satz im ersten Training.
Am Ende diktiert jedoch die Wiederholungsanzahl das Gewicht. Dieses einfach Satz für Satz steigern, sobald ein RM mit der Wiederholungsanzahl im unteren Bereich des vorgegebenen Wiederholungsbereichs erreicht ist, ist der schwerste Satz erreicht. Wenn noch Sätze übrig sind, einfach Gewicht jeden Satz um ca. 2-4% senken und alle verbleibenden Sätze absolvieren.
Und an am zweiten Tag würde ich immer noch 130 kg für W1 ansetzen?
Das Ziel ist es den schwersten Satz jeder Einheit von Tag zu Tag zu steigern. Wenn der schwerste Satz des ersten Trainings am ersten Tag 130kg war, ist das Ziel im ersten Training am zweiten Tag mindestens 132,5kg zu verwenden.
Wie viel % von meinem 1RM sollte der schwerste Satz im Workout sein?
Basierend auf der statistischen Korrelation zwischen Wiederholungen und dem prozentualen Verhältnis zum 1 RM entsprechen folgende Wiederholungen folgenden Prozentsätzen:
3RM – 90% des 1RM
4RM – 87% des 1RM
8RM – 79% des 1RM
Dies sind jedoch nur die statistischen Korrelationen. In der Realität gibt es in Einzelfällen kleine bis große Abweichungen. So kenne ich persönlich einen Fall, der mit 85% des 1RM nur eine Wiederholung schafft und einen anderen Fall, der mit 85% des 1RM 12 Wiederholungen schafft.
Aus diesem Grund verwende ich im Rahmen des Kniebeugen Urlaubs keinerlei Prozente.
Die vorgegebene Wiederholungsanzahl diktiert das Gewicht. Dieses einfach Satz für Satz steigern, sobald ein RM mit der Wiederholungsanzahl im unteren Bereich des vorgegebenen Wiederholungsbereichs erreicht ist, ist der schwerste Satz erreicht. Wenn noch Sätze übrig sind, einfach Gewicht jeden Satz um ca. 2-4% senken und alle verbleibenden Sätze absolvieren.
Wenn mein 1RM 150 kg ist. Sollte ich dann tatsächlich dass als schwersten Satz nehmen?
Im ersten Training ist der schwerste Satz ein 3RM. Das 1RM für 3 Wiederholungen zu verwenden wird nicht möglich sein. Sonst wäre es ja nicht das 1RM.
In jedem der drei Workouts an jedem Tag? Ich glaube das kann nicht richtig sein.
Ja, da haben sie vollkommen recht. Ziel ist es in jedem Workout einen schwersten Satz mit einem RM der vorgegebenen Wiederholungsanzahl zu machen. Im ersten Training 3 Wiederholungen, im zweiten Training 4 Wiederholungen und im dritten Training 8 Wiederholungen.
Wie sollte ich dann den ersten Satz am im ersten Workout von Tag eins wählen?
Wenn ihr 1RM aktuell ca. 150kg ist, ist ein geschätzter 3RM von 130kg realistisch. Rechnerisch sind 90% eins 1RM von 150kg genau 135kg. Eine defensive Wahl wie 130kg ziehe ich in der Praxis vor, da während des Trainings die Sprünge im verwendeten Gewicht individuell gesteigert oder verringert werden können. Bei einem Spread von ca. 30% ist dann erste Satz 90kg. So können die 10 Sätze des ersten Trainings in der Gewichtsauswahl wie folgt aussehen:
Tag 1, Workout 1, Aufwärm-Satz 1 – 40kg für 6 Wiederholungen
Tag 1, Workout 1, Aufwärm-Satz 2 – 70kg für 3 Wiederholungen
Tag 1, Workout 1, Satz 1 – 90kg für 3 Wiederholungen
Tag 1, Workout 1, Satz 2 – 100kg für 3 Wiederholungen
Tag 1, Workout 1, Satz 3 – 105kg für 3 Wiederholungen
Tag 1, Workout 1, Satz 4 – 110kg für 3 Wiederholungen
Tag 1, Workout 1, Satz 5 – 115kg für 3 Wiederholungen
Tag 1, Workout 1, Satz 6 – 120kg für 3 Wiederholungen
Tag 1, Workout 1, Satz 7 – 125kg für 3 Wiederholungen
Tag 1, Workout 1, Satz 8 – 130kg für 3 Wiederholungen als 3RM*
Tag 1, Workout 1, Satz 9 – 125kg für 3 Wiederholungen
Tag 1, Workout 1, Satz 10 – 120kg für 3 Wiederholungen
*Keine 4te Wiederholungen wäre möglich gewesen, d.h. dieser Satz entspricht dem 3RM
Da es im ersten Training 10 Sätze sind um diesen 3RM zu finden, können Sie sich einfach im Rahmen des Spreads von ca. 30% graduell von Satz zu Satz steigern und so sehr zuverlässig und einfach den 3RM identifizieren in dem sie ggf. den 3RM schon vor 130kg erreichen oder sogar in den letzten Sätzen mehr als 130kg verwenden können.
Wird es am zweiten Tag dann gesteigert oder das gleiche genutzt?
Das Ziel ist es den schwersten Satz jeder Einheit von Tag zu Tag zu steigern. Wenn der schwerste Satz des ersten Trainings am ersten Tag 130kg war, ist das Ziel im ersten Training am zweiten Tag mindestens 132,5kg zu verwenden. Dies ist statistisch gesehen sehr zuverlässig möglich. Wenn sie in einem Training u.U. sogar den 2RM erreichen, einfach im nächsten Training dieses Gewicht verwenden und damit 3 Wiederholungen absolvieren
So kann die Entwicklung des Gewichts des schwersten Satz des ersten Workouts in der ersten Woche wie folgt aussehen:
Tag 1, Workout 1 – 130kg 3RM
Tag 2, Workout 1 – 132,5kg 3RM
Tag 3, Workout 1 – 135kg 3RM
Tag 4, Workout 1 – 137,5kg 2RM
Tag 5, Workout 1 – 137,5kg 3RM
Tag 6, Workout 1 – 140kg 3RM
Erfahrungsgemäss erreicht man in einer Woche Kniebeugen Urlaub die identischen Fortschritte wie in 4 bis 6 Wochen regulären Training.
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Viel Erfolg beim Kniebeugen Urlaub!
Bild: Roan Heming bei Kniebeugen.