Kohlenhydrate sind wahrscheinlich der am meisten missverstandene der drei Makronährstoffe. Unter anderem deshalb, weil Kohlenhydrate in den verschiedensten Formen auftauchen und der Bedarf von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich ist, gibt es viel Verwirrung über ein eigentlich simples Thema. Low Carb, Paleo, If it fits your macros, Kalorien zählen, Intermitted Fasting… es gibt viele Ernährungsansätze. Einige empfehlen Kohlenhydrate grundsätzlich zu meiden, während andere propagieren nur die Kalorienzahl müsse stimmen, dann wären Menge und Art der Kohlenhydrate egal. Beides ist nur bedingt richtig, wenn das Ziel nicht nur Gewichtsverlust sondern auch hohe geistige und körperliche Performance sein soll. Denn nicht nur die Menge, sondern auch die Art und das Timing der Kohlenhydrataufnahme ist entscheidend für optimale Auswirkungen die Körperkomposition und vor allem auf das körperliche und geistige Energielevel.
Ein für jedermann leicht nachvollziehbarer Test ist es, eine große Menge Kohlenhydrate, z.B. einen Teller Nudeln, zu essen und zu sehen, wie man sich anschließend fühlt. Das Gefühl wird eher „Siesta/ Verdauungsschlaf“ sein als „Let`s go/ Ich bin energiegeladen“. Je nach Tageszeitpunkt kann das allerdings der gegenteilige Zustand von dem sein, in dem man sich eigentlich befinden möchte. Ein Mittagstief nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit ist ein häufiges Phänomen, welches die geistige Leistung an vielen Arbeitsplätzen oder in der Schule mindert.
Es gibt drei Gründe dafür, warum es von Vorteil ist Kohlenhydrate abends anstatt morgens zu konsumieren.
1. Neurochemisch. Serotonin ist der Neurotransmitter (chemischer Botenstoff) für Harmonie und Wohlbefinden, der ausgeschüttet wird, wenn wir Kohlenhydrate essen. Daher auch der Spruch „Schokolade macht glücklich“. Vor dem zu Bett gehen entspannt zu sein und sich in einem harmonischen Zustand zu befinden, begünstigt das Einschlafen. Zudem ist Serotonin ein Vorläufer von Melatonin, dem Hormon das dich in den Tiefschlaf bringt. Mehr zu Serotonin hier.
2. Glykogenspeicher. Glykogen sind Kohlenhydrate in ihrer im Körper gespeicherten Form, wo sie als Brennstoff für Muskelarbeit dienen. Nur der Muskel der das Glykogen speichert kann es auch verwenden. Das heißt wer Beine trainiert und anschließend Kohlenhydrate konsumiert, füllt damit die Glykogenspeicher der Beinmuskulatur auf, wo das Glykogen bleibt bis die Beine wieder beansprucht werden. Nur die Leber kann Glykogen bei Bedarf wieder in den Blutkreislauf abgegeben. Die Glykogenresynthese in ist in Ruhe bzw. am Abend höher, denn dann ist der Parasympathikus dominant. Dies ist somit ein optimaler Zeitpunkt um die Glykogenspeicher bei Bedarf aufzufüllen.
3. Hormonell. Im Gegensatz zu morgens sollte abends das Stresshormon Cortsiol heruntergefahren werden, damit wir ein- und durchschlafen können. Ein hohes Cortisol/Adrenalin Level gepaart mit einem niedrigen GABA/Serotonin/Melatonin Level sind aus hormoneller Sicht die Ursache für Schlaflosigkeit. Kohlenhydrate senken Cortisol und machen somit auch aus hormoneller Sicht abends den meisten Sinn.
Kohlenhydrate sind nicht per se schlecht. Kohlenhydrate sind notwendig. Entscheidend ist es, den Konsum dem Bedarf anzupassen, um negative Auswirkungen wie Müdigkeit am falschen Zeitpunkt oder Körperfettaufbau zu vermeiden. Das bedeutet, du musst dir deine Kohlenhydrate verdienen. Mehr zu Kohlenhydraten hier.
Viel Erfolg mit Kohlenhydraten am Abend!
Bild: Eiscreme, sicher nicht die erste Kohlenhydrat-Quelle, die ich empfehle, jedoch definitiv eine der beliebtesten.