Kreuzbandriss vorbeugen: Warum Frauen besonders auf ihre Knie achten sollten

Kreuzbandriss vorbeugen: Warum Frauen besonders auf ihre Knie achten sollten

Kreuzbandrisse, insbesondere des vorderen Kreuzbandes (ACL), sind eine der häufigsten und schwerwiegendsten Verletzungen im Sport.

Auffällig ist, dass weibliche Athleten ein signifikant höheres Risiko für diese Verletzungen haben als ihre männlichen Kollegen.

Studien zeigen, dass Frauen ein 2- bis 8-mal höheres Risiko für einen Kreuzbandriss haben.

Aber was genau macht das weibliche Knie so viel anfälliger?

Hier sind die Hauptfaktoren, die zu diesem erhöhten Risiko beitragen.

 

Anatomische Unterschiede

Einer der Hauptgründe für das erhöhte Risiko von ACL-Verletzungen bei Frauen sind anatomische Unterschiede.

Frauen haben tendenziell ein breiteres Becken als Männer, was zu einem größeren Q-Winkel führt – dem Winkel zwischen der Linie vom Hüftgelenk zum Kniegelenk.

Dieser größere Q-Winkel erhöht den Druck auf das Kniegelenk und kann zu einer Instabilität führen, die das Risiko für Kreuzbandrisse erhöht.

Zusätzlich haben Frauen in der Regel eine geringere Muskelmasse im Verhältnis zu ihrer Körpergröße, was zu einer geringeren Stabilität des Knies führt.

Der Quadrizeps, der wichtigste Muskel zur Stabilisierung des Knies, ist oft schwächer im Vergleich zu männlichen Athleten, was die Belastung des ACL erhöht.

 

Biomechanische Faktoren

Frauen neigen dazu, bei bestimmten Bewegungen, wie Landungen nach einem Sprung oder plötzlichen Richtungswechseln, ihre Knie in einer Position zu halten, die das ACL stärker belastet.

Eine häufige Beobachtung ist der sogenannte Knievalgus, bei dem das Knie nach innen kollabiert.

Diese Position erhöht die Spannung auf das ACL und führt zu einer höheren Verletzungsanfälligkeit.

Eine Studie von Hewett et al. zeigte, dass weibliche Athleten dazu neigen, beim Landen und Abbremsen eine aufrechtere Körperhaltung und eine geringere Beugung in den Knien und Hüften zu haben, was das Risiko eines ACL-Risses erhöht.

 

Hormonelle Einflüsse und der Menstruationszyklus

Hormonelle Schwankungen spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Anfälligkeit für Kreuzbandrisse bei Frauen.

Östrogen, Progesteron und Relaxin, die während des Menstruationszyklus schwanken, können die Stabilität der Bänder beeinflussen.

Besonders Östrogen wird mit einer erhöhten Laxität (Lockerheit) der Bänder in Verbindung gebracht, was zu einer verminderten Stabilität des Kniegelenks führen kann.

Eine bedeutende Studie von Wojtys et al. untersuchte den Zusammenhang zwischen dem Menstruationszyklus und der Häufigkeit von ACL-Verletzungen.

Die Ergebnisse zeigten, dass Frauen während der präovulatorischen Phase, wenn die Östrogenspiegel hoch sind, ein erhöhtes Risiko für ACL-Verletzungen haben.

Dies liegt daran, dass die erhöhte Laxität der Bänder das Kniegelenk anfälliger für Verletzungen macht.

 

Präventive Maßnahmen zur Verringerung des Kreuzbandriss-Risikos

Die Prävention von Kreuzbandrissen, insbesondere bei weiblichen Athleten, ist von zentraler Bedeutung, um das Verletzungsrisiko zu minimieren und eine erfolgreiche sportliche Karriere zu ermöglichen.

Ein gezieltes Trainingsprogramm, das sich auf die Stärkung des Vastus Medialis Obliquus (VMO), der hinteren Oberschenkelmuskulatur (Hamstrings), sowie auf die Verbesserung der Mobilität in Hüfte und Sprunggelenk konzentriert, ist dabei unerlässlich.

 

Stärkung des Vastus Medialis Obliquus (VMO)

Der Vastus Medialis Obliquus, ein Teil des Quadrizeps dessen Fasern horizontal verlaufen, spielt eine Schlüsselrolle bei der Stabilisierung des Knies, insbesondere bei der letzten Streckung des Knies.

Ein schwacher VMO kann dazu führen, dass das Knie instabil wird und das Risiko für Verletzungen wie Kreuzbandrisse steigt.

Durch gezieltes Krafttraining, wie z.B. tiefe Kniebeugen und bestimmte Varianten der Step-Ups, kann der VMO gestärkt werden.

 

Beinbeuger (Hamstrings) und hintere Kette

Die Hamstrings stabilisieren das Knie, indem sie verhindern, dass das Schienbein nach vorne rutscht – eine Bewegung, die das vordere Kreuzband besonders belastet.

Ein Ungleichgewicht zwischen dem Quadrizeps und den Hamstrings erhöht das Risiko für ACL-Verletzungen.

Übungen wie Varianten des Beincurls und die Floor GHR sind ideal, um des Beinbeugers zu steigern.

Dieses Training sollte progressiv und strukturiert aufgebaut werden, um kontinuierliche Verbesserungen zu erzielen.

 

Optimierung der Mobilität in Hüfte und Sprunggelenk

Eine eingeschränkte Mobilität in der Hüfte und den Sprunggelenken kann die Bewegungsmuster negativ beeinflussen und das Risiko von Verletzungen erhöhen.

Die Hüftmobilität ist unter anderem entscheidend für eine korrekte Ausrichtung des Knies, während die Sprunggelenksmobilität für die Stabilität und Balance während dynamischer Bewegungen unerlässlich ist.

Spezifische, individualisierte Mobilitätsübungen wie Hüftstrecker/-beuger-Dehnungen, Sprunggelenks-Mobilitätsübungen und dynamisches Stretching sind essenziell.

 

Ganzheitliche Stärkung der hinteren Kette

Neben den Hamstrings umfasst die hintere Kette auch den Gluteus Maximus, den unteren Rücken und die Waden.

Diese Muskelgruppen wirken zusammen, um die Stabilität des gesamten Körpers zu gewährleisten.

Ein starkes hinteres Muskelkorsett reduziert die Belastung auf das Knie und unterstützt es bei explosiven Bewegungen.

Übungen wie Varianten der Backextensions, Romanian Deadlifts und Kniebeugen sind hervorragend geeignet, um diese Muskeln zu stärken.

 

Krafttraining als ideale Präventionsmaßnahme

Krafttraining ist eine der effektivsten Methoden zur Prävention von Kreuzbandrissen.

Es ermöglicht das Training über einen großen Bewegungsradius mit geringem Verletzungsrisiko und klarer Struktur und Progression.

Durch Krafttraining können nicht nur die Muskeln gestärkt, sondern auch die neuromuskuläre Kontrolle verbessert werden, was das Risiko für Verletzungen weiter senkt.

Darüber hinaus unterstützt es die Rehabilitation im Falle einer Verletzung und verringert das Risiko einer erneuten Verletzung.

 

Zusammenfassung

Das erhöhte Risiko für Kreuzbandrisse bei weiblichen Athleten ist auf eine Kombination von anatomischen, biomechanischen und hormonellen Faktoren zurückzuführen.

Durch ein besseres Verständnis dieser Unterschiede und die Implementierung gezielter Präventionsprogramme, die auf Krafttraining und Mobilität fokussieren, können wir dazu beitragen, die Häufigkeit dieser Verletzungen zu reduzieren und die langfristige Gesundheit und nachhaltige Leistungsfähig von Profi- und Hobbyathleten zu unterstützen.

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Quellenangaben:

  • Arendt, E., & Dick, R. (1995). Knee injury patterns among men and women in collegiate basketball and soccer. The American Journal of Sports Medicine, 23(6), 694-701.
  • Griffin, L. Y., et al. (2000). Understanding and preventing noncontact anterior cruciate ligament injuries: A review of the Hunt Valley II meeting, January 2005. The American Journal of Sports Medicine, 34(9), 1512-1532.
  • Hewett, T. E., Myer, G. D., & Ford, K. R. (2006). Anterior cruciate ligament injuries in female athletes: Part 1, mechanisms and risk factors. The American Journal of Sports Medicine, 34(2), 299-311.
  • Wojtys, E. M., et al. (2002). The association between the menstrual cycle and anterior cruciate ligament injuries in female athletes. The American Journal of Sports Medicine, 30(2), 182-188.
  • Myer, G. D., Ford, K. R., & Hewett, T. E. (2004). Rationale and clinical techniques for anterior cruciate ligament injury prevention among female athletes. Journal of Athletic Training, 39(4), 352-364.
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