„Ask the Coach“ ist die Kolumne in der Wolfgang Unsöld Eure Fragen beantwortet. Das gleichnamige Buch ist am 13.Februar 2017 im Riva Verlag erschienen. Direkt hier auf Amazon erhältlich.
Frage: Ich habe gelesen, dass du vor allem auf Grund des Schubladeneffekts von der Beinstrecker Maschine abrätst. Was ist der Schubladeneffekt? Artur B.
WU: Das ist richtig. Die Beinstrecker- oder auch Legextension-Maschine, empfehle ich ausschliesslich in speziellen Ausnahmefällen. Sie bringt mehrere Nachteile wie eine geringe Überladung der exzentrischen Kontraktion, ein neurologisch im Alltag und sport irrelevantes Bewegungsmuster und eben den Schubladeneffekt mit sich. Der Schubladeneffekt ist ein vor oder zurück gleiten des Unterschenkels im Knie. In der Physiotherapie wird dieses Vor- und Zurückgleiten im Gelenk durch den Schubladentest (engl. Drawertest) bei einem Kniewinkel von 90° zur Diagnostik der Kniestabilität verwendet. Dieses Zurückgleiten entsteht ebenfalls in der obersten (kontrahierten) Position bei der Beinstrecker-Maschine. Durch den horizontalen Druck auf den Unterschenkel kann dieser im Gelenk minimal nach hinten gleiten. Dies verursacht bei vielen Trainierenden mittelfristig Probleme wie vor allem eine Entzündung der Patellasehne. Grundsätzlich ist der natürliche Druck auf den Unterschenkel in > 99% aller Bewegungsmuster vertikal. Wenige Ausnahme wie der Schuss beim Fussball oder ein Tritt im Kampfsport kombinieren vertikale Kräfte (das Ausholen) mit horizontalen Kräften (Kontakt mit Ball oder Gegner). Jedoch sind auch in diesen Fällen in Volumen und Widerstand die vertikalen Kräfte die primären Kräfte. In über 99% aller Bewegungsmuster des Alltags und Sports sind die Kräfte jedoch nicht horizontal sondern vertikal. Das sind grundsätzlich alle Bewegungsmuster bei denen wir auf beiden oder einem Bein stehen oder aufkommen. Das Kniegelenk ist mechanisch nicht dafür ausgelegt in höherem Volumen horizontale Kräfte auf den Unterschenkel und damit den Schubladeneffekt zu tolerieren. Der Beinstrecker kann in fortgeschrittenem Training mit Bodybuilding-Zielen am Ende eines Training im vorermüdeten Zustand ein gutes Tool sein um den Quadrizeps noch mehr Wiederholungen und metabolen Stress auszusetzen sowie das letzte bisschen Glykogen zu verbrauchen. Im Trainingsalltag von > 99% der Trainierenden findet er jedoch keinen Platz wenn das Ziel progressives Training ist – durch eine geringe Überladung der exzentrischen Kontraktion, ein neurologisch im Alltag und für Sportarten irrelevantes Bewegungsmuster und eben den Schubladeneffekt.
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Bild: Die Kniegelenke.