
Fasten ist nicht immer gesund – vor allem bei Stress
Fasten hat in den letzten Jahren stark an Popularität gewonnen.
Ob zur Unterstützung des Stoffwechsels, zur Gewichtsregulation oder zur Aktivierung zellulärer Reparaturprozesse – viele Menschen setzen auf Fasten als gesundheitliche Maßnahme.
Dabei gilt Fasten oft als automatisch „entzündungshemmend“.
Doch eine aktuelle wissenschaftliche Übersichtsstudie zeigt: So eindeutig ist der Effekt nicht – vor allem nicht bei längeren Fastenzeiten.
Was die neue Studie zeigt
Eine im Jahr 2024 veröffentlichte Scoping Review hat den Einfluss von längerem Fasten (mindestens 48 Stunden) auf Entzündungsmarker wie C-reaktives Protein (CRP), Interleukin-6 (IL-6) und Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-α)untersucht.
Das Ergebnis überrascht:
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In den meisten untersuchten Studien stiegen die Entzündungswerte während des Fastens an.
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Besonders deutlich war dieser Anstieg bei Personen mit Übergewicht oder bestehender Stoffwechselbelastung.
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In einigen Fällen normalisierten sich die Werte nach dem sogenannten Refeeding (Wiedereinführung von Nahrung) – in anderen blieben sie jedoch erhöht.
Das bedeutet:
In der Studie zeigte sich: Unter bestimmten Umständen kann längeres Fasten mit einem Anstieg entzündungsrelevanter Marker einhergehen.
Fasten als zusätzlicher Stressfaktor
Was viele nicht bedenken:
Fasten ist immer auch ein physiologischer Stressreiz.
Der Körper schaltet in einen Anpassungsmodus, in dem Cortisol (das wichtigste Stresshormon) ansteigt, die Herzfrequenzvariabilität sinkt und der Sympathikus (Teil des vegetativen Nervensystems) aktiver wird.
Wenn jedoch bereits erhöhter Stress, Schlafmangel oder andere Belastungen vorliegen, kann dieser zusätzliche Reiz kontraproduktiv sein. In solchen Fällen kann Fasten:
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das Cortisol weiter erhöhen,
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die Regenerationsfähigkeit verschlechtern,
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und Entzündungsprozesse verstärken.
Kurz gesagt: Der gewünschte Effekt – nämlich Entlastung und Regeneration – kann in sein Gegenteil kippen.
Was das für die Praxis bedeutet
Fasten kann ein wirksames Instrument sein – aber nicht in jeder Situation.
Vor allem bei hoher körperlicher oder mentaler Belastung sollte längeres Fasten nicht unreflektiert durchgeführt werden.
Wenn du bereits unter chronischem Stress, schlechter Schlafqualität oder erhöhter Entzündungsneigung leidest, kann es sinnvoller sein, andere Maßnahmen zu wählen:
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eine moderate, nährstoffdichte Kalorienreduktion,
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eine gezielte Mikronährstoffversorgung,
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sowie ausreichend Schlaf und Bewegung.
Auch eine individuelle Laborkontrolle (z. B. des hsCRP-Werts) kann helfen, den eigenen Entzündungsstatus besser einzuschätzen.
Fazit
Fasten ist kein Allheilmittel – und kein Wellness-Tool für stressbelastete Tage.
Es ist ein kraftvoller Reiz.
Und wie bei jedem Reiz kommt es auf Dosierung, Zeitpunkt und individuellen Kontext an.
Die aktuelle Studienlage zeigt:
Längeres Fasten kann kurzfristig Entzündungsprozesse verstärken – insbesondere bei Menschen, die bereits unter körperlicher oder psychischer Belastung stehen.
Im YPSI setzen wir verschiedene Formen von Fasten gezielt ein – abhängig von Ziel, Belastungsprofil und Lebensumständen unserer Kunden.
Dabei steht immer im Fokus, individuelle Voraussetzungen zu berücksichtigen und Maßnahmen so zu gestalten, dass sie in den jeweiligen Alltag integrierbar und sinnvoll sind.
Denn Wirkung entsteht nicht durch Theorie – sondern durch passgenaue Anwendung.
Quelle: de Ciutiis et al. (2025): Long-term fasting and its influence on inflammatory biomarkers: A comprehensive scoping review. Ageing Research Reviews.