Warum Tabata Training für die Meisten reine Zeitverschwendung ist

Warum Tabata Training für die Meisten reine Zeitverschwendung ist

Tabata Intervalle sind beliebt. Und nur weil etwas populär ist, bedeutet es nicht, dass es intelligent ist und zu tatsächlichen Ergebnissen führt. Vor allem in der Fitness Welt. Über 99% derer, die ihre Bauchmuskeln trainieren, haben keinen Sixpack. Das Gleiche gilt für die Anzahl der Menschen, die ins Fitnessstudio gehen und keine Ergebnisse erzielen, oder HIIT machen und trotzdem kein Fett verlieren. Die zunehmende Popularität des Tabata Trainings ist ein weiteres Beispiel dieses Phänomens.

Was ist Tabata Training?

Tabata ist ein beliebtes Intervalltrainingsprotokoll, das von Professor Izumi Tabata populär gemacht wurde, der 1996 eine Studie dazu veröffentlichte. In dieser wurde das Protokoll mit Elite Eisschnellläufern des japanischen Eisschnelllauf National Teams durchgeführt, in dem sich signifikante Leistungssteigerungen bei aeroben und anaeroben Kapazitätstests zeigten. Das Tabata Protokoll fordert 20 Sekunden Belastung und 10 Sekunden Pause für 8 Runden, was insgesamt 4 Minuten bei etwa 170% VO2 max. entspricht. Die ersten vier dieser Variablen sind das, was allgemein bekannt ist, und die letzte nicht, und das ist die Variable, die Tabata Training zu einer Zeitverschwendung für die Meisten macht.

Ist Tabata Training schlecht?

Nein, ist es nicht. Tabata Training ist sehr gut. Und es führt zu Ergebnissen wie auch die populärste der Tabata Studien gezeigt hat (1). Nur nicht für über 99% der Menschen. Es ist als ob man sagt, dass man 100km pro Woche laufen muss, um einen Marathon zu absolvieren. Das ist korrekt. Dennoch können über 99% der Menschen nicht 100 km pro Woche laufen.

Was ist das Problem mit Tabata Training?

In einer einfachen Aussage: Die durchschnittliche Arbeitsleistung.

Da die Programmgestaltung und Periodisierung des Intervall Trainings von fast Jedem stark vernachlässigt wird, wenden wir das Tabata Protokoll im folgenden Beispiel auf Krafttraining an, so dass die Meisten es sich besser vorstellen können. Das Tabata Protokoll besteht aus 20 Sekunden Arbeit und 10 Sekunden Pause in 8 Intervallen. Das wären 4 Wiederholungen bei einem 4010 Tempo als 20 Sekunden Belastung. Ich wähle bei diesem Beispiel die LH Kniebeuge als Ganzkörperübung. Alle 20 Sekunden Belastung werden mit maximaler Anstrengung ausgeführt, d.h. im Krafttraining wird RM sein. So ist 4 Wiederholungen ein 4RM (RM = Wiederholungsmaximum), also ist ein 4RM Gewicht, bei dem man nicht mehr als 4 Wiederholungen schafft.

Satz 1 – 4 Wiederholungen mit 100kg
10 Sekunden Pause
Satz 2 – 4 Wiederholungen mit 90kg
10 Sekunden Pause
Satz 3 – 4 Wiederholungen mit 80kg
10 Sekunden Pause
Satz 4 – 4 Wiederholungen mit 70kg
10 Sekunden Pause
Und so weiter, bis man alle 8 Sätze absolviert sind

Was wird das Gewicht des 8. Satzes sein? Und was wird das durchschnittliche Gewicht sein, das über alle 8 Sets verwendet wird? Man kann davon ausgehen, dass der letzte Satz irgendwo zwischen 40 kg und der leeren Stange liegt. Dies führt zu einer durchschnittlichen Belastung von weniger als 60 kg oder prozentual zu 60% von 1 RM. Was nicht nur aus Trainingssicht eine Zeitverschwendung mit minimalen Anpassungen und einer sehr hohen subjektiven Ermüdung ist, sondern auch weit entfernt von der geforderten hohen Durchschnittsleistung, die im Tabata Protokoll festgelegt ist.

Einige Leser werden nun darauf hinweisen, dass dieses Beispiel auf Krafttraining und nicht auf Intervalltraining basiert. Ein Punkt, der weitestgehend irrelevant ist.

Erstens, wird das Intervalltraining zu einem höheren Maß an akuter Müdigkeit führen als das Krafttraining, da es konzentrisch dominanter ist. So ist der Drop-off bei Intervallen im Vergleich zum Krafttraining noch größer.

Zweitens, basiert jedes Training auf dem gleichen Prinzip der Anpassung an einen Reiz, wenn die Qualität dieses Reizes zu niedrig ist, ist die Anpassung minderwertig. Wenn Sie 100 km pro Woche bei 3 m/s laufen, werden Sie keinen Marathon in 6 m/s laufen. Ein gesamte Sprintdistanz von 1 km pro Woche bei einer durchschnittlichen Zeit von 11,0 Sekunden über 100m führt nicht zu Sprintleitsung von 9,9 Sekunden über 100m. Und zurück zum 400m Sprint Beispiel aus diesem Artikel, der 400m in 120 Sekunden läuft, wird damit nicht seinen Fettabbau beschleunigen.

Um diesen Punkt weiter zu veranschaulichen, hier auch ein Beispiel aus dem Intervalltraining, bei dem ein Fahrrad, wie in der ursprünglichen Arbeit von Izumi Tabata, verwendet wurde. Das im Beispiel verwendete Fahrrad ist ein Air Bike, da sich die meisten heutzutage auf das Training mit einem Air Bike beziehen können. Das Tabata Protokoll besteht aus 20 Sekunden Belastung und 10 Sekunden Pause in 8 Intervallen. Bei der angegebenen Intensität von 170% Ihres VO2 max. sind diese Intervalle immer sehr nahe an der maximalen Belastung. Eine Beispiel-Workout wird in den meisten Fällen so aussehen:

Runde 1 – 20 Sekunden bei einem Durchschnitt von 1000 Watt
10 Sekunden Pause
Runde 2 – 20 Sekunden bei durchschnittlich 900 Watt
10 Sekunden Pause
Runde 3 – 20 Sekunden bei durchschnittlich 800 Watt
10 Sekunden Pause
Runde 4 – 20 Sekunden bei durchschnittlich 700 Watt
10 Sekunden Pause
Und so weiter, bis man alle 8 Runden absolviert sind

Was wird die durchschnittliche Watt-Leistung in der 8. Runde sein? Und was wird die durchschnittliche Watt-Leistung über 8 Runden sein? Man kann davon ausgehen, dass der letzte Satz zwischen 200 und 400 Watt liegen wird. Dies führt zu einem durchschnittlichen Performance von weniger als 60% der maximalen Leistung. Was nicht nur aus Trainingssicht eine Zeitverschwendung mit minimalen Anpassungen und einer sehr hohen subjektiven Ermüdung ist, sondern auch weit von der im Tabata Protokoll festgelegten Leistung von 170% des VO2 max entfernt ist.

Was die Meisten tun werden, um diese Ermüdung und damit den Dropoff im Laufe der Intervalle verhindern zu können, ist die Leistung am Anfang zu verringern, so dass sie in den ersten Intervallen ziemlich einfach beginnen um nicht direkt komplett „platt“ zu sein. Das macht Sinn. Wird jedoch  nicht zu der erforderlichen Leistung von 170% Ihres VO2 max und damit dem Trainingseffekt und den positiven Anpassungen des Tabata Protokolls führen.  Da „locker machen“ nicht das System belastet, wird sich ein System nur anpassen. Der Trainingseffekt kann sich nur manifestieren, wenn das System wirklich belastet wird. Das ist das durch Hans Selyes begründete Prinzip der Superkompensation. Man kann auch 400m in 120 Sekunden laufen, das ist einfach und führt jedoch definitiv nicht zu dem gleichen Trainingseffekt wie 400m in 60 Sekunden zu rennen.

Die Qualität eines Reizes ist entscheidend. In jeder Form von Training. Und genau das hat auch Izumi Tabata in seinem Protokoll erwähnt und auch mehrfach öffentlich kritisiert, als das Tabata Protokoll an Popularität gewann. Hier ist, was er gesagt hat:

Was Izumi Tabata sagte, das die Meisten nicht wissen

Nachfolgend Zitate von Izumi Tabata:

„Während ich mich geehrt fühle, dass die Leute so (das Tabata-Protokoll) trainieren, machen es einige falsch, da sie nicht wissen, mit welcher Intensität sie arbeiten müssen“, sagt Tabata.

„Eine maximale Belastung in Höhe von 170% des VO2 max. ist das Kriterium des Protokolls“, sagt Tabata ebenfalls.

Wie schnell sind 170% des VO2 max?

Das ist die Frage, die sich jeder stellen wird, wenn man den Aufbau der ersten Studie und die obigen Aussagen von Tabata betrachtet.

Der VO2max ist die maximale Sauerstoffmenge, die vom Körper während einer maximalen Ausbelastung aufgenommen werden kann. Die Erhebung der Sauerstoffaufnahmekapazität erfolgt meist durch eine Atemgasanalyse oder auch den Copper oder Beep Test, jeweils während einer stufenweise ansteigenden Ausdauerbelastung. DerVO2 max ist damit ein Indikator für Kapazität der aeroben Energiebereitstellung.

Somit sind 100% des VO2 max der Punkt, an dem das aerobe Energiesystem mit voller Kapazität arbeitet. Darüber hinaus übernimmt primär das anaerobe System diese Funktion, was bedeutet, dass Belastungen von über 200% des VO2 max hinaus möglich sind.

Ein großartiges Beispiel aus der Trainingswelt ist der Marathon, eine Disziplin, die das aerobe System stark belastet, im Vergleich zum 100m Sprint eine Disziplin, die das anaerobe System stark belastet. Der Marathon-Weltrekord wird mit ca. 6 m/s gelaufen, verglichen mit ca. 12 m/s des 100m Sprint-Weltrekords. Und für die meisten Elite-Marathonläufer sind diese 6 m/s etwa 85% ihrer Höchstgeschwindigkeit. Das bedeutet, dass sie 85% ihrer Höchstgeschwindigkeit über 2 Stunden halten können. Das bedeutet, dass man 2 Stunden lang etwa 95% seines VO2 max. belasten kann. Berücksichtigt man, dass ein Sprinter ein VO2 max hat, der noch viel niedriger ist, geht der Sprinter dabei problemlos bei über 200% seines VO2 max während eines 200m-Sprints, was etwa 20 Sekunden Belastung entspricht.

Was bedeuten 170% des VO2 max in der Tabata-Studie?

In der von Tabata veröffentlichten Studie wurden die Prozentsätze von VO2 max bestimmt. Eine 30-minütige Belastung auf einem Fahrrad wurde als 70% des maximalen VO2 max angesehen. Und dann wurde das Tabata Protokoll bei 170% VO2 max. durchgeführt.

Mit einem Fahrrad können die meisten sportlichen Männer, wie sie in der Studie verwendet werden, 30 Minuten lang 250 Watt halten, was für das Tabata Protokoll bis zu einem durchschnittlichen Watt von 607 Watt entspricht. Geh ins Fitnessstudio und teste es selbst. 

Kann jemand eine so hohe Leistung wiederholen und aufrechterhalten?

Für einige klingt das Kriterium von 8 mal 20 Sekunden Anstrengung bei 170% von VO2 max etwas absurd, was es definitiv nicht ist. Mach folgendes Experiment:  Geh ins Fitnessstudio, steig auf ein Laufband, beginn zu laufen und erhöhe die Geschwindigkeit auf 20 km/h. Dann teste wie lange Du diese Geschwindigkeit beibehalten kannst. Der aktuelle Marathon-Weltrekordhalter Eliud Kipchoge und Hunderte von anderen Läufern, die den Marathon in weniger als 2 Stunden und 10 Minuten liefen, halten diese ca. 20 km/h für einen vollen Marathon durch.

Somit sind 170% des VO2 max für ein 4-minütiges Tabata Protokolls durchaus möglich, nur eben nicht für über 99% der Bevölkerung.

Höchstwahrscheinlich ist die eine Person, die die notwendige Kondition für das Tabata Protokoll hat, ein guter Crossfit Regionals AthletIn. Setz sie/ihn auf ein Air Bike für das Tabata Protokoll, miss die Zahlen, rechne aus und Du wirst überrascht sein, wie gut ihre/seine Kondition sein wird, was bedeutet, wie gut er/sie die Leistung gemessen in Watt auch bei der hohen Dichte an Belastung eines Tabata-Protokolls aufrecht halten kann. Somit macht das Tabata-Protokoll für einen guten Crossfit Regionals Athlet aus allgemeiner Trainingssicht Sinn.

Wurde mit Nicht-Elite-Athleten an dem Tabata-Protokoll geforscht?

Ja, diese Studien gibt es. Und sie zeigten auch einige Ergebnisse, die auf aeroben und anaeroben Tests basieren. Jedoch nicht annähernd auf dem Level der ursprünglichen Studie. Das bedeutet , dass auch untrainierte einen Fortschritt durch das Tabata Protokoll erzielen können. Es gibt auch eine Studie, die zeigte, dass 200 Wiederholungen Curls mit dem großen Zeh dreimal pro Woche die Sprungkraft erhöhen. Was die Frage aufwirft: Bei wem und in welchem Ausmass?

Das Tabata Protokoll ist kein schlechtes Protokoll. Es ist einfach oft fehl am Platz und wird falsch interpretiert. Und wird nicht zu signifikanten Ergebnissen beim Fettabbau führen, was der Hauptgrund dafür ist, dass Menschen trainieren und ins Fitnessstudio gehen.

Tabata Intervalle sind wie „Der 400m Sprint Mythos„, es führt nur zu Erfolge, wenn man es mit hoher Leistung absolvieren kann. Und ein Programm durchführen zu können, ist nicht definiert als das Programm einfach nur zu machen. Training bedeutet per Definition ein progressive Anpassung der Leistung. Alles andere ist auch genau genommen auch Zeitverschwendung.

In welchen Szenarien ist Tabata Training somit sinnvoll?

Die einfache Antwort: Ein Athlet benötigt eine sehr gute Kondition, um die hohe durchschnittliche Leistung während der 4 Minuten eines Tabata Protokolls aufrechtzuerhalten. Zurück zur ersten Studiengruppe des japanischen Eisschnelllauf Nationalteams – diese Athleten haben eine herausragende aerobe und anaerobe Kapazität. Ich selbst habe von 2010 bis 2013 mit dem ungarischen Eisschnelllauf Nationalteam gearbeitet habe, darunter einen Jr. Weltrekordhalter und sechs Olympia-Finalisten sowie viele hochrangige Eisschnellläufer aus Ländern wie Polen, Litauen und Lativa und Junioren aus über 15 Ländern, und alle hatten eine herausragende Kondition und Ausdauer. Es kam vor, dass der Laktatspiegel beim Training auf bis zu 25 mmol/dl anstieg, was normal ist, bei einem 15 bis 25 Stunden Training-Pensum pro Woche. Das Protokoll wurde für sie entwickelt. Genuagenommen war es der Head Coach des Eisschnelllauf National Teams der das Protokoll entwickelt hat, Izumi Tabata war dann nur der Sportwissenschaftler, der die Ergebnisse qualifiziert hat, was Tabata selbst öffentlich machte.

Wenn man eine sehr gute Kondition hat, kann man das Tabata Protokoll als sehr zeiteffiziente Trainingsoption verwenden.

Wenn man keine sehr gute Kondition hat, sollte man das Tabata Protokoll NICHT verwenden. Es wird sehr müde machen und die Leistungssteigerung wird nicht sonderlich groß sein. Besonders wenn es darum geht, die Kondition zu verbessern und den Fettabbau zu beschleunigen.

Die Effizienz des Tabata Protokolls ist ein verbreiteter Mythos. Vor allem auf der Grundlage des Faktors, dass es keine Messung gibt sowie Strukturierungen des Intervalltrainingprogramms fehlen. Wenn mehr Trainierende ihre Leistungen jeder Einheit Intervalltraining messen und protokollieren würde, hätten 99% von Ihnen herausgefunden, dass das Tabata Protokoll verschwendete Zeit ist, da sie keine signifikanten Fortschritte machen.

Intervalltraining muss wie jede andere Form des Trainings programmiert und periodisiert werden. Oder man verschwendet sein Zeit. Beim Intervalltraining geht es nicht darum, müde zu werden oder den „Schmerz“ zu spüren. Barfuß 400m Sprints bergrunter zu rennen macht auch müde und tut weh. Es führt jedoch nicht zur Steigerung der Leistung. Was es somit zur Zeitverschwendung macht.

Mach Tabatas, wenn du die Kondition hast sie zu machen. 99% der Bevölkerung hat die Kondition nicht. Wenn man zu den 99% gehört, benötigt man andere Protokolle und Programme, um beim Intervalltraining voranzukommen. Besonders wenn es darum geht, den Fettabbau zu beschleunigen.

Folge Trends nicht blind. Programmiere und periodisiere das Intervalltraining sinnvoll, progressiv und zielführend. Für tatsächlichen Fortschritt & Erfolg im Training.

Trainer und Coaches müssen anfangen, das Intervalltraining zu respektieren. Und Trainer und Coaches müssen anfangen, dem Programm Design und die Periodisierung des Intervalltrainings mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Aus diesem Grund habe ich das YPSI Intervalltrainingsprogramm Design & Periodisierung Seminar entwickelt, das das nächste Mal am 11./12. Mai im YPSI in Stuttgart stattfinden wird.

Hier ein weiterer Artikel über „Warum klassisches Cardio zum Fettabbau Zeitverschwendung ist„.

Und ein Artikel auf englisch der den Unterschied zwischen „Ausdauer und Kondition“ erklärt.

Referenzen:
(1) Tabata I, Nishimura K, Kouzaki M, et al.(1996). Effects of moderate-intensity endurance and high-intensity intermittent training on anaerobic capacity and VO2max. Med Sci Sports Exerc 28 (10): 1327–30.
(2) https://www.theguardian.com/lifeandstyle/2013/mar/25/tabata-harder-faster-fitter-quicker

Bild: Rudergeräte sind eine häufig gewählte Option für das Tabata-Training.

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